Erschwernisse der grunderwerbsteuerlichen Behandlung von share deals in Deutschland
Umfeld: Gesetzliche Änderungen im Bereich der Immobilienbesteuerung
Der Gesetzgeber war im Bereich der Immobilienbesteuerung regulatorisch unterwegs:
- Nachdem der Gesetzgeber bereits die Rechtsgrundlagen für die Erhebung von Einkommen-/Körperschaftsteuer auf Gewinne auch aus dem Verkauf von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften mit wesentlich inländischen Immobilienbesitz durch Steuerausländer ab 2019 geschaffen hat,
- die vom Bundesverfassungsgericht aufgegebenen Änderungen für die Erhebung der Grundsteuer zum 1.1.2025 eingreifen (Bundesmodell: aus Erfahrung abgeleitete Grundsteuerwerte alle 7 Jahre, erstmalig auf den 1.1.2022. Bayern: Flächenmodell, einige Länder auch mit Einbeziehung der Grundbesitzlage),
hat der Bundestag am 23.4.2021 und der Bundesrat am 28.5.2021 im Rahmen des Fondsstandortgesetzes beschlossen, dass ab 2021 für die sog. erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung bei Grundstücksunternehmen (auch) unschädlich ist, wenn:- in Höhe von bis zu 10% der Immobilienmieteinnahmen aus dem eigenen Grundbesitz Einnahmen aus Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von den Mietern oder B2B oder – auch B2C – aus Ladestationen für Elektrofahrzeuge erzielt werden
- in Höhe von bis zu 5% der Immobilienmieteinnahmen aus dem eigenen Grundbesitz sonstige Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern erzielt werden,
- und ist vom Bundestag unter Einbeziehung der Stellungnahme des Bundesrats und der Gegenstellungnahme der Bundesregierung am 27.9.2019 in erster Lesung ein Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes beraten und die Überweisung an Ausschüsse unter Federführung des Finanzausschusses beschlossen worden. Am 17.5.2021 ist schließlich das Gesetz im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht worden.
Einordnung der Änderungen im Bereich der Grunderwerbsteuer
Die Änderungen des Grunderwerbsteuerrechts betreffen nicht die Regeln zur Höhe der Steuer. Diese wird von den Bundesländern für ihr jeweiliges Gebiet festgelegt; die Sätze haben mit 3,5% bis 6,5% in einem Bundesstaat eine nicht mehr ganz unbedenkliche Spannbreite erlangt und führen beim Immobilienerwerb zu einer erheblichen Belastung. Diese Belastung ist im Rahmen der erheblich gestiegenen Grundbesitzkaufpreise nicht nur absolut gestiegen, sondern auch relativ zu dem ‚wahren Wert‘ der Immobilien.
Bisher
Gerade vor diesem Hintergrund war oder ist es interessant, die Grenzen der Regeln der neben dem Grundstückserwerb die Steuerpflicht auslösenden sog. Ersatztatbestände des § 1 GrEStG zu nutzen, wonach der Erwerb der Anteile an einer Grundbesitz haltenden Gesellschaft in der Regel nicht steuerbar war, wenn man nur 94,9% der Anteile erwarb.
Bisher führte der Erwerb der Anteile an einer Grundbesitz haltenden Kapitalgesellschaft zur Steuerpflicht, wenn unmittelbar oder mittelbar oder im Wege einer Organschaft 95% erworben wurden („qualitative“ Anteilseignerveränderung), § 1 Abs. 3 GrEStG. Bei dem Erwerb einer Personengesellschaft führte nach § 1 Abs. 2a GrEStG eine rein quantitative Anteilseignerveränderung von 95 % binnen 5 Jahren und seit dem 6.6.2013 aufgrund der Einführung des § 1 Abs. 3a GrEStG nicht mehr nur eine sachenrechtlich ermittelte Beherrschung, sondern in Bezug auf mittelbare und unmittelbare Anteilserwerbe jeglicher Gesellschaften auch eine kapitalanteilsmäßig ermittelte Beherrschung zur Steuerpflicht bei Erreichung des Quorums von 95 %.
Bisher war in Bezug auf Personengesellschaften im Übrigen in § 1 Abs. 2a GrEStG erst rudimentär eine Steuerpflicht geregelt: 95% abstrakt, Anteilseignerwechsel binnen 5 Jahren genügte bzw. war erforderlich. Darüber hinaus waren (und sind auch in Zukunft) die Personengesellschaften wegen der Steuerfreiheit nach den Regeln der §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 GrEStG – vereinfacht: faktische Fortsetzung der schon bisher bestehenden Herrschaftsmacht, wichtig die 5-jährige Bindung – bei Strukturierungen hilfreich.
Künftig
Nach der Neuregelung greifen die bisherigen Regelungen schon ab 90 % (§ 1 Abs. 2a, 2b, 3, 3a GrEStG). Weiter wurde der 5-Jahres-Betrachtungszeitraum der § 1 Abs. 2a, Abs. 3a §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 GrEStG auf 10 Jahre verlängert. Für den wichtigen Sonderfall, dass der Erwerb der gesamthänderischen Berechtigung grunderwerbsteuerfrei war, gelten sogar 15 Jahre. Zudem wurde in einem § 1 Abs. 2b GrEStG die bisher in Abs. 2a nur Personengesellschaften betreffende Steuerpflicht für quantitative Anteilseignerveränderungen binnen bisher 5 Jahren – abstrakt auf den Wechsel von 90% der Gesellschafter – auf Kapitalgesellschaften erstreckt (§ 1 Abs. 2 b GrEStG).
Immerhin gewährt die vom Bundesrat angeregte Börsenklausel des § 1 Abs. 2c GrEStG als Ausnahme zu dem Abs. 2a und dem neuen Abs. 2b (nicht also Abs. 3 und 3a) des § 1 für mehrheitlich börsennotierte Kapitalgesellschaften eine abmildernde Entlastung. Danach zählen – offenbar gemeint unmittelbare und mittelbare – Grundstückstransaktionen, die durch unmittelbar an der Börse stattfindende Transaktion mit Anteilen einer börsennotierten Gesellschaft von statten gehen, nicht.
Leider ist eine vom Bundesrat angeregte Erweiterung der – der im übrigen weiter recht engen – Konzernklausel des § 6a Grunderwerbsteuergesetz von gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungsvorgängen auf Einzelrechtsübertragungen im Konzern nicht Gesetz geworden. Immerhin hat man die Vor- und Nachbehaltensfrist des § 6a GrEStG unverändert bei 5 Jahren belassen.
Anwendungs- und Übergangsvorschriften
Die neuen grunderwerbsteuerlichen Regeln gelten ab dem 1.7.2021.
Mit komplexen Übergangsvorschriften wird versucht, die Annahme von unzulässiger Rückwirkung zu vermeiden:
- Ist ein Erwerber nach dem bisherigen Recht im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG sog. Altgesellschafter, kommt das neue Recht auf seine Erwerbe nicht zur Anwendung; das alte Recht greift ggf. aber noch bis zum 31.12.2024.
- Im Rahmen von § 1 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 sowie Abs. 3a GrEStG bleibt es – einschl. Anteilsveränderungen – bei der Geltung des bisherigen Rechts, wenn und solange das Quorum an einer Immobiliengesellschaft am 30.06.2021 zwischen 90% und 94,9% ist und noch weiterbesteht.
- Die einmal erfüllten (5-Jahres) Behaltensfristen der §§ 5 und 6 GrEStG bei der Steuerneutralität des Übergangs von inländischem Grundbesitz auf oder vor einer Gesamthand bleiben einerseits erfüllt, wenn dies bis zum 30.06.2021 der Fall ist. Andererseits führt auch nur ein am 30.6.2021 fehlender Tag an der Erfüllung der bisherigen 5-Jahres-Frist dazu, dass die neue 10-Jahres-Frist vom Gesetz verlangt wird.
Bemerkung am Rande
Eine Bemerkung noch zu den Meldeverpflichtungen: Binnen in der Regel 2 Wochen ist das Finanzamt über Grundstückstransaktionen zu informieren. Soweit ein inländischer Notar (Gericht, Behörde) die Urkunde über einen Asset Deal aufzusetzen hat, trifft ihn diese Verpflichtung. Bei allen anderen Fällen, insbesondere die Share Deals ist es jedoch der Steuerschuldner.
Daneben bedürfen die Geldwäsche-/KYC-Regeln Beachtung. Dies ist eine Verpflichtung des Notars und ggf. des Maklers oder auch des Rechtsanwalts/Steuerberaters. Etwas unbemerkt sind aber weitere besondere Registrierungsregeln für den Käufer für das Transparenzregister implementiert worden. Sie sind letztes Jahr erstmals eingeführt und am 25.6.2021 mit Art. 1 Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz für ausländische Vereinigungen als Erwerber erweitert worden:
- Schon seit 2020 mussten sie (juristische Personen und Personengesellschaften) im deutschen Transparenzregister unverzüglich eingetragen werden, wenn sie sich hier verpflichteten, mittels Asset Deals inländische Immobilien zu erwerben; eine Ausnahme bestand nur für den Fall, dass die Vereinigung in einem Transparenzregister eines anderen EU-Staates bereits registriert war. Bei Non-EU-Erwerbern besteht also jedenfalls die Registrierungspflicht.
- Die Registrierungspflicht ist ab dem 1.8.2021 erweitert worden auf Share Deals, wenn Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG ’sich vereinigen‘ oder wenn die ausländische Vereinigung im Sinne eines Rechtsvorgangs nach § 1 Abs. 3a GrEStG eine wirtschaftliche Beteiligung ‚innehat“; gemeint wird sein, dass sie zum Zeitpunkt des Closing registriert sein soll.
- Die Verpflichtung zur Registrierung trifft die Geschäftsleitung der ausländischen Vereinigung. Der Anteilseigner bzw. die wirtschaftlich Berechtigten haben die Geschäftsleitung zu informieren, die Geschäftsleitung hat die Informationen bei dem Anteilseigner nachzufragen.
- Zu beachten sind die empfindlichen Geldbußen, die das Gesetz bei einem Verstoß gegen die Informationsvorschriften bereit hält. Als Regelrahmen sollte hier der Rahmen von TEUR 150 bei Vorsatz und im Übrigen TEUR 100 in Betracht kommen. Zu beachten sind darüber hinausgehende Rahmen bei schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen.
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